Wichtige Punkte
• Es gibt keine starken wissenschaftlichen Belege dafür, dass man komplette Trainingspläne an die Phasen des Menstruationszyklus anpassen sollte.
• Individuelle Erfahrungen und Symptome sind entscheidend — passe dein Training an, wenn es nötig ist (Autoregulation).
• Ein gutes Körperbewusstsein hilft Athletinnen, zyklusbedingte Herausforderungen vorherzusehen und besser zu managen.
• Effektives Training basiert auf den Anforderungen deiner Sportart und deinen langfristigen Zielen – nicht auf Schwankungen der Eierstockhormone.
Einleitung
Du hast bestimmt schon mal den Tipp gehört, dass man „nach dem Zyklus trainieren“ soll – aber stimmt das wirklich?
Die kurze Antwort: Nicht so, wie du vielleicht denkst.
Was die Wissenschaft über Training und den Menstruationszyklus sagt
Dein Training sollte immer auf den grundlegenden Prinzipien effektiver Trainingsplanung beruhen – also auf Spezifität, progressiver Belastungssteigerung, Erholung und der Ausrichtung auf die Anforderungen deiner Sportart.
Momentan gibt es nicht genug hochwertige wissenschaftliche Belege, um den kompletten Trainingsplan physiologisch an die Phasen des Menstruationszyklus anzupassen.
Kurz gesagt: Deine Muskeln und dein Körper brauchen keine speziellen Anpassungen, nur weil sich die Hormonspiegel von Östrogen oder Progesteron verändern.
Den Menstruationszyklus und Hormone verstehen
Zwei wichtige Eierstockhormone – Östrogen und Progesteron – spielen eine zentrale Rolle im Menstruationszyklus. Ihre Spiegel schwanken im Laufe des Monats und erzeugen verschiedene Phasen:
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Phase 1: Östrogen- und Progesteronspiegel sind niedrig, die Menstruation findet statt.
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Phase 2: Östrogen erreicht kurz vor dem Eisprung seinen Höhepunkt, Progesteron bleibt niedrig.
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Phase 3: Übergangsphase.
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Phase 4: Progesteron erreicht seinen Höchstwert, Östrogen hat einen zweiten, aber kleineren Peak.
Diese „Lehrbuchzyklen“ sind aber selten so regelmäßig, wie sie klingen. In der Realität kann ein gesunder Zyklus zwischen 21 und 35 Tagen dauern. Selbst Frauen mit regelmäßigem Zyklus ovulieren nicht immer, oder die Lutealphase (zweite Zyklushälfte) kann verkürzt sein – dadurch schwanken die Hormonspiegel von Monat zu Monat stark.
Forschung zeigt: Die Unterschiede zwischen einzelnen Frauen – und sogar innerhalb derselben Frau über verschiedene Zyklen hinweg – sind größer als die durchschnittlichen hormonellen Effekte auf die Leistungsfähigkeit.
Darum reicht es nicht, einfach nur die Tage zu zählen. Nur direkte Messungen (z. B. über Blut-, Urin- oder Speicheltests) können zeigen, ob ein Eisprung tatsächlich stattgefunden hat und wie hoch der Progesteronspiegel in der Lutealphase war.
Warum individuelle Erfahrung zählt
Trotzdem spielt deine eigene Erfahrung mit dem Zyklus eine große Rolle.
Wenn du während deiner Periode mit praktischen Problemen (z. B. Blutung beim Training oder Wettkampf) oder Symptomen wie Krämpfen, Müdigkeit oder Stimmungsschwankungen kämpfst, ist es absolut sinnvoll, dein Training kurzfristig anzupassen.
Das nennt man Autoregulation – also dein Training je nach Tagesform anzupassen.
Und das ist nichts rein „Weibliches“ – auch männliche Athleten nutzen diese Strategie, um auf die unvermeidlichen Schwankungen im Alltag zu reagieren.
Mit Körperbewusstsein vorausplanen
Mit einem guten Körperbewusstsein (Body Literacy) – also wenn du deinen eigenen Zyklus kennst und verstehst, wie er dich beeinflusst – kannst du besser planen.
Anstatt ständig dein Training spontan zu ändern, kannst du gezielt vorbeugen: z. B. durch Ernährung, Erholungsstrategien oder medizinische Unterstützung. So bleibst du langfristig bei deinem sportartspezifischen Plan.
Das Wichtigste zum Schluss
Du musst dein Training nicht nach deinem Zyklus ausrichten.
Du bist voll in der Lage, an jedem Tag deines Zyklus stark zu trainieren und Leistung zu bringen.
Dein Trainingsplan sollte sich an den Anforderungen deiner Sportart und deinen langfristigen Zielen orientieren – nicht an den hormonellen Schwankungen deines Zyklus.
Für Trainer:innen bedeutet das: Unterstützt Athletinnen individuell und achtsam, aber bleibt bei evidenzbasierten Trainingsprinzipien.
Quellen
Elliott-Sale, K. et al. (2025). Why we must stop assuming and estimating menstrual cycle phases in laboratory and field-based sport-related research. Sports Medicine, 55, 1339–1351. https://doi.org/10.1007/s40279-025-02189-3
McNulty, K. L., Elliott-Sale et al. (2020). The effects of menstrual cycle phase on exercise performance in eumenorrheic women: a systematic review and meta-analysis. Sports Medicine, 50(10), 1813–1827.
Geschrieben von:

Prof. Kirsty Elliott-Sale
Weltweit führende Expertin für weibliche Endokrinologie und Trainingsphysiologie an der Manchester Metropolitan University.
Ihre Forschung umfasst Themen wie den Menstruationszyklus, hormonelle Verhütungsmittel, Wechseljahre und Training während der Schwangerschaft.
Sie unterstützt Athletinnen, Militärangehörige und Organisationen im Bereich Frauengesundheit auf der ganzen Welt.

