Takeaway-Tipps
Bleib bei den Basics: Kreatin-Monohydrat ist der Goldstandard – andere Formen bringen keinen Vorteil.
Mach’s einfach: 3 g täglich reichen völlig, kein „Cycling“ nötig.
Erwarte kleine, aber echte Vorteile: Mehr Power, bessere Leistung und etwas mehr Muskelmasse – nicht riesig, aber lohnenswert.
Keine Angst vor Mythen: Kreatin verursacht weder Haarausfall noch Nierenschäden bei gesunden Menschen.
Konstanz ist entscheidend: Regelmäßige Einnahme über längere Zeit wirkt genauso gut wie tägliche Einnahme nach einer „Ladephase“.
Dr. Crionna Tobin (CT): Eric, rund um Kreatin kursieren viele Mythen – Haarausfall, Nierenschäden oder dass es nur was für Bodybuilder ist. Fangen wir ganz vorne an: Was genau ist Kreatin?
Dr. Eric Helms (EH): Kreatin ist eine Verbindung aus den Aminosäuren Glycin, Arginin und Methionin. Etwa 90–95 % davon sind in unseren Muskeln gespeichert, der Rest im Gehirn. Es versorgt unser Phosphokreatin-System, das schnelle Energie für intensive Belastungen wie Sprinten, Heben oder Springen liefert. Kreatin kommt zwar natürlich in Fleisch und Fisch vor, aber die Mengen in einer normalen Ernährung reichen meist nicht aus, um die Muskelspeicher optimal zu füllen – und beim Kochen geht zusätzlich ein Teil verloren. Deshalb macht eine Supplementierung Sinn.
CT: Viele haben trotzdem Angst, dass Kreatin Haarausfall oder Nierenschäden verursacht. Müssen sich Sportler Sorgen machen?
EH: Nein, die Forschung stützt diese Befürchtungen nicht. Eine Studie aus 2009 brachte das Thema „Haarausfall“ auf, weil leicht erhöhte DHT-Werte gemessen wurden – aber die Werte lagen immer noch im normalen Bereich, und spätere Untersuchungen fanden keinen Zusammenhang zwischen Kreatin und Glatzenbildung. Was die Nieren betrifft: Zahlreiche Langzeitstudien zeigen, dass Kreatin für gesunde Menschen sicher ist. Die einzige Nebenwirkung, die manchmal auftritt, ist leichter Magen-Darm-Unwohlsein bei sehr hohen „Loading“-Dosen.
CT: Und was ist mit Gewichtszunahme und Wassereinlagerung – das hört man ja auch oft?
EH: Kreatin zieht Wasser in die Muskelzellen, weil es osmotisch wirkt. Das ist kein schädliches „Aufblähen“, sondern eine normale Zellhydrierung, die sogar die Leistung unterstützt. Typischerweise nimmt man etwa 1–2 % des Körpergewichts zu – das kommt von besser gefüllten Muskeln, nicht von Fett.
CT: Wer profitiert am meisten von Kreatin?
EH: Alle, die Kraft, Schnelligkeit oder intensive Intervalleinheiten trainieren. Es hilft auch beim Aufbau, Erhalt oder Wiederaufbau von Muskelmasse – zum Beispiel nach einer Verletzung. Vegetarier und Veganer sprechen oft besonders gut darauf an, weil ihre Ausgangswerte niedriger sind. Und es ist nicht nur was für Männer – Frauen profitieren genauso. Spannend ist auch neue Forschung, die mögliche Vorteile für das Gehirn und bei der Erholung nach einer Gehirnerschütterung zeigt.
CT: Wie sieht’s mit Timing und Dosierung aus – sollte man laden?
EH: Ganz einfach: 3 g Kreatin-Monohydrat pro Tag reichen aus, um die Muskelspeicher innerhalb von 2–4 Wochen aufzufüllen (je nach Körpergröße). Eine Ladephase mit 20 g pro Tag bringt dich zwar schneller ans Ziel (in etwa einer Woche), aber langfristig macht das keinen Unterschied. Auch das Timing ist nicht entscheidend. Kurzfristig kann die Aufnahme etwas schneller gehen, wenn man Kreatin nach dem Training oder mit Kohlenhydraten nimmt – aber das Wichtigste ist einfach, es täglich zu nehmen.
CT: Dein Fazit?
EH: Kreatin ist eines der am besten untersuchten, sichersten und effektivsten Supplements überhaupt. Die Effekte sind moderat, aber echt – mehr Kraft, Power und fettfreie Masse. Für ernsthafte Sportler oder alle, die Leistung und Regeneration verbessern wollen, ist es ein No-Brainer.
Quellen:
Antonio, J. et al. (2021). ISSN Position Stand: Safety and efficacy of creatine supplementation in exercise, sport, and medicine.
Burke, D. G. et al. (2003). Effect of creatine supplementation on performance and muscle morphology in men and women. Med Sci Sports Exerc.
Buford, T. W. et al. (2007). Creatine supplementation and exercise performance: An update. JISSN.
Claudino, J. G. et al. (2019). Creatine supplementation in sports and health: Current state of knowledge and future directions. Nutrients.
Van der Merwe, J. et al. (2009). Three weeks of creatine monohydrate supplementation affects dihydrotestosterone to testosterone ratio in college-aged rugby players. Clin J Sport Med.
Lern die Expert*innen hinter diesem Gespräch kennen

Dr. Eric Helms, PhD
Senior Research Fellow am Sports Performance Research Institute der AUT, spezialisiert auf Kraft- und Figurensport. Als Coach, Autor, Dozent und Mitgründer von 3D Muscle Journey sowie dem MASS Research Review verbindet er Wissenschaft und Praxis in den Bereichen Training, Ernährung und langfristige Athletenentwicklung.

Dr. Crionna Tobin, PhD
Gibt in ihrer Rolle als Head of Science and Education bei Optimum Nutrition Athlet*innen, internen Teams und Markenpartnern Beratung zu Sport- und Ernährungsstrategien. Ihr fundiertes Fachwissen basiert auf einem PhD in Leistungsernährung und Trainingsphysiologie der Dublin City University.

